Als ich nach meinem Gartenbaustudium und einigen Jahren im Naturkosthandel 1998 für die BioTropic nach Italien ging, war der Bio-Anbau hier noch in den Anfängen. Es gab erst einige junge Produzenten, die sich für die biologische Landwirtschaft entschieden hatten. Die alten vorhandenen Gewächshäuser – oft nur sehr niedrig und klein – stellten gerade den biologischen Anbau von Tomaten vor Herausforderungen. Beispielsweise muss die Luft gut zirkulieren können und es darf nicht zu dicht gepflanzt werden. Da im biologischen Anbau auf chemisch-synthetische Düngemittel und Pestizide verzichtet wird, müssen die Betriebe vorbeugend arbeiten und auf möglichst optimale Wachstumsbedingungen achten, damit Krankheiten und Schädlinge weitgehend vermieden werden. Dies ist nur mit großer Sorgfalt, fachlicher Kompetenz und Investitionen möglich. Für uns Mitarbeiter von Biotropic war daher wichtig, vor Ort Beziehungen zu den Menschen, mit denen wir arbeiten, aufzubauen und sie mit ihren Problemen nicht alleine zu lassen.
Weitere Herausforderungen des Bio-Anbaus sind der Verzicht auf Hormone zum Fruchtansatz – stattdessen werden Hummeln im Gewächshaus zur Bestäubung eingesetzt –, ein gut kompostierter Boden und eine effiziente Fruchtfolge. Gerade der Naturkost-Fachhandel ermöglicht die Vermarktung einer breiten Palette an Bio-Gemüse.
2009 kam Alnatura auf uns zu. Sie suchten einen Erzeuger von Bio-Gemüse in Südeuropa, der für sie in der kälteren Jahreszeit die Alnatura Cherryromatomaten anbaut. Mit Sapori Bio als Partner wurde Sizilien als Anbauort ausgewählt. Vor allem die sizilianische Provinz von Ragusa ist ein traditionelles Tomatenanbaugebiet, mit mildem Klima durch die Meernähe. In der Gemeinde Marina di Ragusa herrscht durchschnittlich nur zwei Tage im Jahr Frostgefahr. In den Wintermonaten gibt es viele Sonnentage, die für ausreichend Licht sorgen.
Hier werden die Tomaten in mit Folien bespannten Gewächshäusern von Oktober bis Juni angebaut, also genau in der Zeit, in der in Nordeuropa keine Tomaten wachsen (mit leichten Überschneidungen Ende Mai und Juni, je nach Wetterlage). In den Sommermonaten ist es für die Gewächshausproduktion zu heiß, denn die Temperaturen erreichen schnell 40 bis 50 Grad Celsius. Die Tomaten wachsen dann im Freiland mit Beschattungsanlagen.
Im ersten Jahr der Zusammenarbeit mit Alnatura wurde das Projekt auf 4.000 Quadratmetern gestartet, dann kamen in den folgenden Jahren schnell verschiedene Sorten dazu, wie der Cherry Mix, die “Wilden Tomaten” – kleine Tomaten in Gelb, Orange, Schwarz, Rosa – und letztes Jahr dann die Sorte Marzanino, die jetzt ebenfalls ein fester Bestand im Sortiment von Alnatura ist. Für die nächste Saison ist gerade eine neue runde Cherrystrauchtomate im Test. Um die Fruchtfolge einzuhalten, baut Sapori Bio neben Tomaten auch Zucchini, Auberginen, Bohnen, Kohlrabi, Paprika, Weißkohl, Rote Beete und Kürbisse an, die auch in den Alnatura Super Natur Märkten erhältlich sind.
Biotropic, die Gesellschaft zur Erzeugung und zum Vertrieb ökologischer Produkte, arbeitet auf Sizilien mit 50 bis 60 Produzenten zusammen, deren Betriebsgrößen von 0,5 bis 500 Hektar reichen.
Gut gereifte Tomatenpflanzen
- In einem 4 .000 Quadratmeter großen Gewächshaus stehen ca. 2.000 Tomatenpflanzen. Ihre Kulturdauer beträgt ca. 100–120 Tage ab Pflanzung. Ende Januar gepflanzt, erntet man die ersten Früchte im April, die Hauptproduktion ist Ende Mai/Juni.
- Tomaten reagieren sehr sensibel auf die Temperatur, zum Blühen brauchen sie 21°C, zum Wachstum der Frucht 24–26°C tagsüber und 14–16°C nachts. Fallen die Temperaturen über Nacht auf 10°C, sind ihr Wachstum und ihre Reifung eine Zeit lang blockiert.
- Bei Sommertemperaturen wie zum Beispiel im Juni kann es vorkommen, dass die Cherrystrauchtomaten nach der Ernte dem Grün das Wasser entziehen und dieses dann sehr schnell vertrocknet und abfällt. Dies sagt aber nichts über die Frische des Produktes aus.
- Da Tomaten nach der Ernte weiterreifen, werden sie essreif, aber nicht vollreif geerntet. Weil jede Sorte andere Reifeeigenschaften hat, gibt es für verschiedene Sorten unterschiedliche Erntereifegrade.